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Die Besteigung von Kilimajaro über
die Machame Route
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24. August 1999
Wir verließen München am frühen Morgen und kamen am Flughafen Kilimanjaro
International am frühen Abend an. Wir, bedeutet einige ehemalige Kollegen
von der Vereinsbank Gruppe: Georg und seine Freundin Michaela, Ernst,
Thilo und ich.
Die einstündige Fahrt zum Hotel in der Stadt Moshi machte uns gleich klar,
daß wir in einer anderen Welt an- gekommen sind. Die letzten 3 km zum
Hotel dauerten ca. 20 Minuten. Was man in Afrika schon eine Straße nennt,
war lediglich eine Anhäufung von Schlaglöchern. Zwei in unserer Gruppe,
die noch nie solch ein Land besucht hatten, konnten es nicht glauben,
daß sich am Ende der Straße das beste Hotel der Stadt verbirgt. Und dann
sahen wir auch schon ein Gebäude hinter ein 3 Meter hohen Mauer. Wir passierten
durch ein großes Tor und fanden eine herrliche tropische Gartenbar. Plötzlich
war jeder wieder fit und wir hatten noch ein paar Drinks bevor wir einen
frühen Feierabend machten.
25. August 1999
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Nach einem frühen Frühstück (was ist eigentlich ein frühes
Frühstück??) packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren zum Machame
Gate, unserem Startpunkt auf ca. 1800 Meter Höhe. 3 km vor dem Machame
Gate stoppte der Bus. Dort trafen wir unseren Führer Felix, den 2 zweiten
Führern, den Koch und 8 weitere Träger. Von dort aus liefen wir dann weiter
zum Parkeingang. Nach unserer Registrierung gingen wir dann mit Edwin,
unserem 2. Führer in den Regenwald. Der Weg fing richtig schön an, 2 -
3 Meter weit, wurde aber schon nach 1 ½ km schwieriger. Es wurde so richtig
schlammig und man mußte aufpassen, daß einem das Wasser nicht in die Schuhe
lief. Ich begann den Trip mit einem noch nicht verheilten Muskelfaserriß,
den ich mir 1 ½ Wochen vorher beim Bergsteigen in Österreich zugezogen
hatte. Aus diesem Grunde entschied ich mich erst mal meinen Fuß zu testen,
ich wollte nicht später die ganze Gruppe belasten. So ging ich ziemlich
schnell hoch bis auf 2.650 Meter Höhe, wo ich mich dann glücklich entspannte
- der Fuß hielt. Aber gleichzeitig realisierte ich, daß ich viel zu schnell
gegangen bin. Auf dieser Höhe muß man einfach schon langsam machen. So
machte ich eine Pause bis die anderen kamen. Sie waren auch zu schnell
gegangen und Peter schaute nicht besonders gut aus. Peter und ich entschlossen
uns zu einer langsameren Geschwindigkeit und machten immer wieder Pause.
Wir hielten uns an die Anweisungen der Träger: "Pole, Pole" (ist Swahili
und bedeutet langsam, langsam).
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Wir kamen um 16:00 Uhr am Machame Zeltplatz auf
ca. 3000 Meter Höhe an. Die meisten Träger waren schon da und auch der Koch
hatte schon mit der Vorbereitung des Abendessens begonnen. Das einzige Problem:
Wo war mein Gepäck? Um 17:00 Uhr wurde ich unruhig, und gegen 18:00 Uhr
wurde ich sichtlich nervös. "Hakuna Matata" war die Standardantwort des
Führers, der berühmte Swahili-Ausdruck für "Kein Problem". Aber er konnte
mir nicht erklären, was eigentlich los war. Nur mein Gepäck fehlte und ich
fing auch schon an zu frieren. So gegen 19:00 Uhr machte ich mir dann Gedanken,
ob ich auch ohne mein Gepäck irgendwie auf den Gipfel kommen könnte. Ich
vermutete, daß mein Träger mit dem ganzen Gepäck verschwunden ist. Aber:
Wunder, Wunder. Um 19:30 Uhr traf dann mein Gepäck ein und ich weis bis
heute nicht was eigentlich passiert war. Aber keine Zeit zum Nachdenken,
es wurde Abendessen serviert und ich war so durchgefroren, daß ich mich
so schnell wie möglich in meinen Schlafsack zurückzog.
26. August 1999
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Die Träger begrüßten mich am nächsten Morgen mit meinem neuen, afrikanischen
Namen: "Simba". Ich hatte mein Zelt neben den Trägern aufgebaut, und sie
waren überrascht wie laut ich schnarchen konnte.
Nachdem wir am Vortag das Ende der 1. Vegetationszone erreicht hatten
gingen wir jetzt über in die 2. Zone, dem Moor. Diese startet auf knapp
unter 3000 Meter Höhe. Unser Ziel für den Tag war das Shira-Camp auf ca.
3.840 Meter Höhe, wir hatten also ca. 900 Höhenmeter vor uns. Wir gingen
langsam nach oben, aber im nachhinein betrachtet gingen wir wahrscheinlich
immer noch zu schnell hoch, mit zu wenig Pausen. Peter und ich mußten
unter der extrem starken UV-Strahlung leiden, was von der Nähe zum Äquator
resultiert. Ich hatte wahrscheinlich einen Sonnenschlag und mußte mich
gleich ins Zelt legen. Dieses Problem hatte ich auch die nächsten beiden
Tage. Mein Sonnenhut war nicht resistent gegen UV-Strahlen und jeden Nachmittag
brannte meine Stirn wie Feuer. Auch Sonnencreme mit einem Schutzfaktor
von 30 konnte meine Problem nicht lösen.
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Die anderen hatten leichtes Kopfweh, welches wahrscheinlich
von der Höhe kam. Aber wir wollten diese Warnsignale nicht aufnehmen,
es hätte ein Signal sein sollen für unserer weitere Geschwindigkeit: "Pole,
Pole".
27. August 1999
Am nächsten Morgen ging es weiter Lagerplatz Barranco. Langsam gewannen
wir Höhe und gelangten in die nächste Vegetationszone, eine schwarze Stein-
und Sandwüste. Es ging wirklich nur sehr mühsam nach oben und wir konnten
die Mittagspause gar nicht abwarten. Um 13:30 Uhr kamen wir dann am Rastplatz
an, dem höchsten Punkt des Tages mit ca. 4.450 Metern. Michaela gab plötzlich
zu, daß sie starkes Kopfweh habe. Wir beschlossen die Mittagspause zu
kürzen, und so schnell wie möglich zum Barranco Zeltplatz zu laufen. Aber
Michaelas Höhenkrankheit wurde sehr schnell schlechter. Schließlich gab
sie zu, daß es ihr bereits am Tag zuvor und am Morgen nicht sehr gut ging.
Sie ging aber davon aus, daß es sich nicht um die Höhenkrank- heit handeln
würde. Michael war noch nie auf dieser Höhe gewesen, und nach den ersten,
einfachen Tagen hatte sie das Thema Höhenkrankheit unterschätzt. Es gibt
eine wirklich wichtige Regel die uns die Ärzte im Spezialklinikum im Everestgebiet
kommuniziert hatten: was auch immer sie für eine Krankheit vermuten, so
lange nicht das Gegenteil bewiesen ist, geht man von Höhenkrankheit aus!
Und so war uns unseres weiteres Vorgehen klar: Nichts wie runter. Es ging
ihr immer schlechter, und so ent- schlossen wir uns ihr eine Diamox zu
geben, das bekannteste Medikament gegen Höhenkrankheit. Und dann musste
sie sich übergeben, ein weiteres akutes Anzeichen der Höhenkrankheit.
Sie fühlte jeden Schritt wie wenn ihr jemand mit dem Hammer auf den Kopf
hauen würde. Aber wir waren glücklich, nach dem Lunch ging es wirklich
direkt nach unten und wir erreichten das Lager auf 3.900 Meter in 1 ½
Stunden.
Wir brachten Michaela sofort in ihr Zelt, sie fühlte sich immer noch nicht
besser. Nach einem "Anpfiff" hörte sie wenigstens auf uns und begann so
richtig viel zu trinken: Wasser, Tee, Suppe. Und das ist wirklich das
beste Medikament gegen Höhenkrankheit: Flüssigkeit, Flüssigkeit, Flüssigkeit.
Michaela hatte zuvor nur sehr wenig Flüssigkeit zu sich genommen, auf
jeden Fall bei weitem nicht die erforderliche Menge von 4 - 5 Liter pro
Tag. Es gibt einen guten Test, wenn der Urin durchsichtig ist und nicht
gelb, dann hatte man genug Wasser.
Wir erkundigten uns dann, ob es einen direkten Weg nach unten gibt, nur
für den Fall, daß es ihr in der Nacht nicht besser gehen würde. Aber es
ging ihr am späten Nachmittag etwas besser, und am nächsten Morgen war
sie wieder O.K. Dies ist der normale Gang der Dinge, in ca. 98 % der Fälle,
aber leider gibt es auch die anderen 1 - 2 %. Und die beiden schlimmen
Formen der Höhenkrankheit können leider tödlich ausgehen. Auch bereits
auf 4.000 Meter.
Am Abend hatten wir eine heftige Diskussion, über die Fehler die wir in
den vorangegangenen Tagen gemacht hatten. Wir entschieden uns ein paar
Dinge zu ändern: unsere Geschwindigkeit weiter zu reduzieren, mehr und
längere Pausen, eine bessere Beobachtung der anderen Personen. Ferner
stellten wir noch einmal klar, daß sich jeder melden mußte, wenn er irgendwelche
Krankheitssymptome an sich feststellte.
28. August 1999
"Frühstück war nicht wirklich Frühstück", Breakfast (Frühstück) ist der
Spitzname den die Führer der Wand gaben, die wir uns am nächsten Morgen
hochhangeln mußten. Kein wirkliches Klettern, aber eine nette Alternative
zum Wandern der Vortage. Wir kletterten langsam nach oben und erreichten
den Ausstieg aus der Wand nach 1 ½ Stunden. Dann erst mal eine lange Pause
und noch einmal 2 Stunden zum Zeltplatz im Karanga Valley. Der Himmel
wurde am späten Nachmittag endlich mal klar und wir konnten vor uns die
Südseite des Kilimanjaro sehen. Eine andere faszinierende Sache war das
laute Flügelschlagen, welches wir über uns hörten. Hatten die Geier bereits
Futter gerochen??
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29. August 1999
Wieder einmal "Pole, Pole" (obwohl einige Teilnehmer bereits der Meinung
waren, wir gingen zu langsam) und es ging weiter den Berg hoch. Um 15:00
Uhr, nach 5 ½ Stunden laufen, erreichten wir den Barafu Zeltplatz. Aber
wir wußten bereits, es ist nicht viel Zeit zum Erholen. Wir mußten gegen
23:30 mit einem Weckruf rechnen.
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30. August 1999
Nach etwas Tee und Keksen starteten wir auf 4.600 Metern Höhe in Richtung
Gipfel. Nachdem es am Nach- mittag noch leicht geschneit hatte und die
Sicht durch Nebel beeinträchtigt war, klarte es jetzt endlich auf. Wieder
einmal ging es "Pole, Pole" los. Wir konnten nur sehr langsam an Höhe
gewinnen. Für Peter war das zu langsam und er fragte ob jemand mit ihm
schneller nach oben gehen würde. Ich war mir nicht so klar was ich machen
sollte, schloß mich ihm dann aber an. Thomas, einer der zweiten Führer,
führte uns jetzt mit der doppelter Geschwindigkeit weiter nach oben. Nach
sehr schnellen 250 Höhenmeter mußte ich Peter stoppen. Ich hatte das Gefühl,
wenn wir nicht bremsen, schaffen wir es nicht nach oben. Und so gingen
wir wieder etwas langsamer. Auf 5.700 Metern, dem Stella Point, wurde
das Wetter dann so richtig schlecht. Wir kamen in einen Schneesturm mit
Seitenwind von über 100 km pro Stunde. Peter und ich wollten auf Grund
des schlechten Wetters gleich weiter zum Hauptgipfel, dem Uhuru Peak.
Aber dann sah ich Michaela und Georg ca. 50 Meter hinter uns und entschließ
mich auf sie zu warten. Ihr Führer hatte einen kürzeren Weg nach oben
gefunden.
Ich hatte eine kurze Diskussion mit Georg ob wir weitergehen sollten,
oder ob es zu risikoreich ist. Für diese Wetter benötigt man Gesichtsmasken,
Expeditionshandschuhe und Plastikschalenschuhe. Wir hatten Angst, daß
wir uns Erfrierungen zuziehen würden. Wir konsultierten uns mit dem Führer,
welcher uns bestätigte, daß wir uns eventuell nur in einem Windkanal befänden
und der Wind zwischendurch immer wieder nachlassen könnte.
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Trotzdem war der Wind zwischendurch so schlimm, daß Peter von einem Windstoß
umgerissen wurde. Peter lies sich davon nicht beeinflussen, sondern ging
weiter nach oben und erreichte auch als erster den Gipfel. Ich folgte
mit Michaela (sie war mit am stärksten an diesem Tag) und Georg trottete
100 Meter hinter uns Her. Er war zuvor der stärkste in der Gruppe. Aber
heute war er wirklich an seinen Grenzen angelangt. Er sagte uns am Tag
danach, er wäre niemals in seinem Leben so an seine Grenzen gekommen.
Aber dadurch, daß seine Freundin 100 Meter vor ihm war, siegte sein Ehrgeiz.
Wir benötigten 35 Minuten von Stella Point zum Uhuru Peak, dem höchsten
Punkt des Kilimanjaro mit 5.895 Metern. Der Wind ist manchmal von hinten
gekommen und hat uns zum Gipfel getrieben.
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Dort trafen wir wieder auf Peter, der sich gerade wieder auf den Weg nach
unten begab. Es war 07:00 Uhr morgens, und etwas zu kalt zum feiern, aber
der Wind hatte nachgelassen und es war wieder etwas wärmer. Georg fühlte
ein kribbeln in seinem Mittelfinger, und stellte fest, daß er ihn sich
leicht angefroren hatte. Das kribbeln kam jetzt vom auftauen. Es war aber
nicht besonders schlimm. Wir machten unsere obligatorischen Bilder und
drehten um. Nach 200 Metern trafen wir Ernst mit Felix, dem Führer. Ernst
war total erschöpft, konnte sich aber weiter nach oben kämpfen und erreichte
nach ca. 5 Minuten den Gipfel. Nun hatten wir es alle geschafft.
Kurz unter dem Stella Punkt wurde das Wetter wieder besser und wir hatten
endlich die Gelegenheit für eine längere Pause. Danach hatten wir noch
einmal 1 ½ Stunden zurück zu unserem Lagerplatz. Wir gingen direkt ins
Zelt und machten erst mal einen Mittagsschlaf. Aber noch war der Tag nicht
zu Ende, um 15:00 Uhr mußten wir wieder starten, weiter nach unten zum
Mweka Zeltplatz. Um 18:00 Uhr erreichten wir total erschöpft das Lager
auf 2.700 Meter. Als bayerische Gruppe was es jetzt natürlich Zeit für
ein Bier. Einer der Einheimischen hatte auf dem Zeltplatz ein Versorgungslager
eingerichtet. Er verkaufte uns Kilimanjaro- und Safaribier für 2 $ die
Flasche. Für mich begann jetzt der eigentlich schönste Teil der Reise.
Die Führer, Träger und wir waren so richtig glücklich wieder zurück in
der Zivilisation zu sein. Wir luden Führer und Träger auf ein paar Bier
ein. Auch die Schnaps und Zigarettenbestände wurden vernichtet. Die Träger
sangen den Kilimanjaro- Song für uns und wir hatten einen wirklich schönen
Ausklang eines langen Tages. Wir waren endlich in der Lage die Barrieren
zwischen Führern/Trägern und uns zu brechen. Trotzdem, wir waren "Flasche
leer" und gingen bereits um 20:00 Uhr in unser Zelt.
31. August 1999
Wir erwarteten einen kurzen Marsch nach unten. Aber dann wurde es ganz
schön hart. Der Schlamm war knietief und extrem rutschig und einige von
küßten den Schlamm. Wir schauten aus wie Schweine als wir am Mweka-Parkausgang
ankamen. Wir hatten unseren Trägern noch ein paar Bier versprochen und
plünderten die ganzen Bestände. Und dann waren wir auch noch gute Touristen
und kauften uns "Just done it - Kibo 99 - T-Shirts.
Nachdem wir kein Bier mehr hatten mußten wir zwangsweise weiter nach
unten. Bald stiegen wir in unseren Minibus um: 15 Leute in einem kleinen
Bus mit 8 Plätzen, die Träger sangen uns wieder das Kilimanjaro Lied und
auch die Bierbestände waren wieder aufgefüllt. Es war wirklich schön für
uns die Barrieren zu den Trägern gebrochen zu haben. Und auch in Moshi
haben wir noch etwas weitergefeiert.
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